Wenn Weihnachten kein sicherer Ort ist

Es gibt eine Zeit im Jahr, in der vieles lauter wird.
Die Lichter. Die Erwartungen. Die Bilder von Nähe, Familie, Zusammenhalt.

Und es gibt Menschen, für die genau diese Zeit schwer ist.
Nicht, weil sie „negativ eingestellt“ sind.
Nicht, weil sie sich nicht genug Mühe geben.
Sondern weil Weihnachten für sie kein sicherer Ort ist.

Dieser Text ist für sie.

Wenn die Welt nach Nähe aussieht – und du innerlich auf Abstand gehst

Nicht alle gehen an Weihnachten nach Hause.
Manche gehen zurück in alte Rollen.
In familiäre Dynamiken, die eng machen.
In Räume, in denen sie sich wieder kleiner fühlen als sie sind.

Manche Menschen haben keine Familie mehr.
Andere haben sie – aber der Kontakt ist belastend, verletzend oder nicht sicher.
Wieder andere sitzen mitten in einer Familie und fühlen sich trotzdem allein.

Und darüber wird wenig gesprochen.

Weil Weihnachten ist.
Weil es nicht ins Bild passt.
Weil Dankbarkeit erwartet wird.
Weil Nähe „doch eigentlich etwas Schönes“ sein sollte.

Doch Nähe ist nicht automatisch Schutz.
Und Familie ist nicht automatisch ein Zuhause.

Wenn Gewalt leise ist – und gerade deshalb so wirksam

Wenn wir über häusliche Gewalt sprechen, denken viele zuerst an das Sichtbare.
An das, was man beweisen kann.
An das, was Spuren hinterlässt.

Doch es gibt eine andere Form von Gewalt.
Eine, die leise ist.
Die sich in Worten zeigt – oder im Weglassen von Worten.
In Kontrolle, Abwertung, Schuldzuweisungen.
In emotionalem Druck.
In einem Klima, in dem du ständig zweifelst, ob du das Problem bist.

Gerade an Weihnachten wird diese Form von Gewalt oft intensiver.
Weil Nähe erzwungen wird.
Weil Rückzug kaum möglich ist.
Weil alte Machtverhältnisse wieder greifen.

Und weil niemand hinschaut.

Das Dilemma: „Es ist doch Familie“

Viele Menschen bleiben in belastenden familiären Situationen,
weil sie sich verpflichtet fühlen.
Weil Loyalität tief sitzt.
Weil sie gelernt haben, sich selbst hinten anzustellen.

Sätze wie:

  • „Das gehört halt dazu.“

  • „So schlimm ist es doch nicht.“

  • „Andere haben es viel schwerer.“

  • „Ich will keinen Streit an Weihnachten.“

Diese inneren Dialoge halten viele Menschen still.
Und genau dieses Stillsein macht es so einsam.

Wenn du dich darin wiedererkennst, dann ist es wichtig, das zu sagen:

Du bist nicht undankbar.
Du bist nicht empfindlich.
Und du bist nicht falsch.

Du reagierst auf etwas, das dich überfordert.

Ein persönlicher Moment

In meiner Arbeit begegne ich immer wieder Menschen,
für die Weihnachten kein Ort der Ruhe ist, sondern der Anspannung.

Und auch in Gesprächen in meinem eigenen Umfeld wurde mir noch einmal sehr deutlich, wie viele Menschen genau jetzt durchhalten.
Leise.
Unauffällig.
Unsichtbar.

Diese Gespräche haben mich darin bestärkt, diesen Raum zu öffnen.
Nicht, um Lösungen zu präsentieren.
Sondern um anzuerkennen, was ist.

Wenn du gerade in einer Situation steckst, die sich nicht sicher anfühlt

Vielleicht liest du diesen Text und spürst: Das betrifft mich.
Vielleicht auch nur ein Stück davon.

Dann möchte ich dir eines sagen – ganz ohne Erwartung:

Du musst gerade nichts entscheiden.
Du musst nichts „klären“.
Du musst niemandem etwas erklären.

Allein zu erkennen, dass dein Empfinden berechtigt ist,
ist bereits ein wichtiger Schritt.

Ein leiser Hinweis zum Schluss

Wenn du dich aktuell in einer Situation befindest, die sich körperlich oder seelisch nicht sicher anfühlt, und du anonym, kostenfrei und ohne Erklärungen Unterstützung suchst, gibt es Initiativen, die genau dafür da sind.

Eine davon ist myProtectify – eine unabhängige, kostenfreie Schutzinitiative, die gemeinsam mit Fachstellen entwickelt wurde und einen sicheren, anonymen Zugang zu Unterstützung ermöglicht.

Der Link in diesem Artikel führt direkt zu einer geschützten Seite.
Du kannst sie in deinem Tempo ansehen, ohne Spuren zu hinterlassen oder etwas auslösen zu müssen.

Mir ist an dieser Stelle eine klare Unterscheidung wichtig:

Dieser Artikel spricht vor allem über psychische Gewalt – über leise, subtile Formen von Kontrolle, Abwertung und emotionaler Verunsicherung, die oft schwer greifbar sind und lange unsichtbar bleiben.

myProtectify richtet sich insbesondere an Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind – auch und vor allem körperlicher Gewalt – und bietet in akuten Situationen einen geschützten, anonymen Zugang zu Hilfe und Unterstützung.

Wenn du dich körperlich bedroht fühlst oder in Gefahr bist, ist es wichtig, das ernst zu nehmen und dir zeitnah Unterstützung zu holen.

Ich teile diesen Hinweis hier bewusst.
Nicht als Lösung.
Sondern als Möglichkeit.

Du darfst dir Hilfe holen.
Leise.
In deinem Tempo.
Und ohne dich erklären zu müssen.

Zum Abschluss

Nicht jeder Ort, der sich „Familie“ nennt, ist ein sicherer Ort.
Und nicht jede Form von Nähe ist liebevoll.

Wenn dieser Text dich erreicht hat,
dann vielleicht, weil ein Teil in dir gesehen werden wollte.

Das allein ist schon bedeutsam.

Und du bist damit nicht allein.


Wenn du nach dem Lesen dieses Artikels spürst, dass du dir Orientierung oder einen geschützten Raum zum Sortieren wünschst, findest du hier: meinen Goldseele Check-In – ein kostenloses, ruhiges Kennenlernen.

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