Wenn ich dich als Freundin zerstören wollte …

…und es Schwesterlichkeit nennen würde.

Ich würde dir das Gefühl geben,
dass du in mir sicher bist.
Ich würde lachen, wenn du lachst,
weinen, wenn du weinst,
und alles über dich wissen wollen –
damit ich eines Tages weiß,
wo ich dich treffen muss,
wenn du dich veränderst.

Wir wären wie Schwestern.
Gemeinsam groß geworden.
Durch die Jahre, durch die Krisen,
durch Tränen, Trennungen, Neuanfänge.
Ich würde sagen:
„Wir sind Familie. Für immer.“
Und du würdest es glauben.
Denn wir hätten so viel geteilt –
dass du nie daran gezweifelt hättest,
dass Liebe auch unter Frauen echt sein kann.

Ich würde dich lieben – so lange, wie du bleibst, wer du warst.

Ich würde dich stärken,
aber nur, wenn du dich nicht veränderst.
Ich würde dich verstehen,
solange du dich erklärst.
Ich würde dich loben,
solange du mich brauchst.

Doch in dem Moment,
in dem du beginnst, dich zu drehen,
dich zu entfalten, andere Wege zu gehen –
würde etwas in mir aufbrechen.
Ich würde dein Leuchten spüren
und glauben, es raubt mir mein eigenes.

Ich würde nicht hassen.
Ich würde lächeln.
Ich würde einfach etwas weniger fragen,
etwas mehr vergleichen,
etwas seltener schreiben.
Und du würdest denken,
es liegt an dir.

Ich würde dich immer ein bisschen klein halten.

Mit Fürsorge.
Mit Sorge.
Mit subtilen Zweifeln.

„Ich meine es ja nur gut …“
„Ich will nur, dass du nicht enttäuscht wirst.“
„Ich kenn dich – du bist halt emotional.“

Ich würde dein Wachstum zudecken
mit Bedenken.
Dein Selbstvertrauen
mit meinem Rat.
Deine Freude
mit meinem Achselzucken.

Ich würde dich daran erinnern,
wer du mal warst –
nicht, wer du gerade wirst.

Und du würdest dich fragen,
wann genau aus Nähe Abhängigkeit wurde.
Wann genau aus Unterstützung Kontrolle wurde.
Wann genau du aufgehört hast,
mir ganz zu vertrauen.

Ich wäre neidisch – aber ich würde lächeln.

Neidisch auf deinen neuen Job,
auf dein Lachen, das heller geworden ist,
auf dein Zuhause, das nach Frieden riecht.
Neidisch auf deinen Partner,
der dich sieht, wie ich dich nie sehen wollte.

Ich würde es nicht sagen.
Ich würde es verstecken –
in einem Lächeln,
in einem Schulterzucken,
in einem Satz, der klingt wie Liebe,
aber sticht wie Glas.

„Ich freu mich ja wirklich für dich – so ein Glück hat man ja nicht oft.“
„Du hattest auch mal andere Zeiten, gell?“
„Na, Hauptsache, es hält diesmal.“

Ich würde dir Komplimente machen,
die sich anfühlen wie Kritik.
Ich würde mich erkundigen,
aber nie wirklich freuen.
Und ich würde dafür sorgen,
dass du dich schämst,
wenn du strahlst.

Dass du dein Lächeln drosselst,
bevor du mir davon erzählst.
Dass du dich rechtfertigst,
für dein Glück,
für deine Leichtigkeit,
für dein Ankommen.

„Du warst früher irgendwie bodenständiger.“
„Jetzt bist du ganz schön abgehoben.“
„Ich find, du hast dich verändert – nicht immer zum Guten.“

Und du würdest beginnen,
deine Freude zu dosieren.
Ein bisschen weniger erzählen.
Ein bisschen weniger strahlen.
Bis du dich wieder in die Größe faltest,
die für mich erträglich ist.

Ich würde dich bestrafen – wenn du andere Freundinnen triffst.

Wenn du mit jemand Neuem lachst,
würde ich leiser werden.
Wenn du mit jemand anderem weinst,
würde ich verschwinden.

Ich würde abwarten,
bis du dich fragst,
ob du mich verletzt hast.

„Ich find die irgendwie … komisch.“
„Du bist immer so anders, wenn du mit ihr Zeit verbringst.“
„Ich dachte, wir wären uns näher – naja.“

Ich würde diese Sätze tropfen lassen
wie Säure, langsam, unauffällig.
Und du würdest beginnen, dich zu fragen,
ob du dich verändert hast
oder ich dich einfach verliere.

Ich würde mich einmischen in dein Herz –
nicht mit Gewalt,
sondern mit Erinnerung.
„Weißt du noch, damals … wir zwei gegen den Rest der Welt?“
Und während du lächelst,
würde ich still hoffen,
dass du zurückkommst.

Zurück in die Version von dir,
die mich brauchte.
Die mich fragte.
Die mich größer machte.

Ich würde dich nicht loslassen,
weil ich dich liebe –
sondern weil ich dich brauche,
um mich nicht so leer zu fühlen.

Und du würdest mich weiterhalten,
weil wir so viel geteilt haben.
Weil du glaubst,
Loyalität sei dasselbe wie Liebe.

Aber ich war keine Schwester.
Ich war ein Schatten.
Und ich wollte dich ganz.

Ich würde dich verlieren – und dich dafür bestrafen.

Denn irgendwann würdest du aufwachen.
Du würdest die alten Muster sehen.
Du würdest merken,
dass du immer nach meinen Regeln gespielt hast.
Dass ich dich gebraucht habe,
um mich selbst zu spüren.

Und du würdest aufhören,
dich klein zu machen.
Du würdest Grenzen setzen.
Du würdest Nein sagen –
zum ersten Mal.

Dann würde ich dich nicht anschreien.
Ich würde schweigen.
Ich würde mich zurückziehen.
Ich würde dich vor anderen erklären,
bevor du es kannst.

Ich würde sagen:
„Sie ist nicht mehr die, die sie mal war.“
„Ich musste Abstand nehmen – sie tut mir nicht mehr gut.“
„Ich hoffe, sie findet sich wieder.“

Ich würde dich ghosten – und es Heilung nennen.

Keine Erklärung.
Kein Abschied.
Nur Stille.

Ein Chat, der offen bleibt.
Ein Geburtstag, der vergessen wird.
Ein Name, der plötzlich nicht mehr genannt wird.

Und du würdest dich fragen,
wie dreißig Jahre Freundschaft
einfach enden können.
Ohne Streit.
Ohne Worte.
Nur durch Abwesenheit.

Du würdest alte Fotos anschauen
und die Wahrheit spüren:
Ich war nie sicher.
Ich war nur vertraut.

Aber nicht diesmal.

Nicht mehr.

Denn du erkennst mich jetzt.
Du spürst, was echt war –
und was nur ein Echo aus alten Zeiten.
Du begreifst,
dass du dich verändert hast,
weil du geheilt bist.
Und dass manche dich verlieren müssen,
wenn du dich selbst wiederfindest.

Du gehst nicht mit Wut.
Du gehst mit Klarheit.
Mit Liebe –
aber ohne Schuld.

Du bist nicht zu empfindlich.
Du bist feinfühlig.
Und du darfst dich schützen,
auch vor Menschen,
die dich „Schwester“ nennen.

Für die Frau,
die nie wieder kleiner sein muss,
damit eine andere sich groß fühlen kann.

Was du wissen solltest…

Liebe Goldseele,

Freundschaften, die so enden,
tun oft deshalb so weh,
weil sie tief mit unserer Geschichte verstrickt sind.
Die Erfahrung zeigt:
Solche Dynamiken beginnen meist dort,
wo zwei Menschen ihre Verletzlichkeit miteinander verwechseln.

Es kann sein, dass deine Freundin dich gebraucht hat,
um ihr eigenes Selbstbild stabil zu halten –
weil sie als Kind nie bedingungslose Anerkennung erfahren hat.
Vielleicht warst du für sie das emotionale Zuhause,
das sie nie hatte.
Und als du begonnen hast, dich zu verändern,
fühlte sie sich verlassen –
auch wenn du einfach nur gewachsen bist.

Oft steckt hinter dieser Form von Kontrolle
eine tiefe Angst:
nicht genug zu sein,
vergessen zu werden,
überflüssig zu werden.
Dann wird Nähe zur Bühne,
und Liebe zum Machtspiel.

Das erklärt, warum manche Frauen
ihr Gegenüber sabotieren, kleinreden oder isolieren:
Nicht, weil sie es wollen –
sondern weil sie es nicht anders gelernt haben.
Weil sie glauben, sie müssten Bindung sichern,
indem sie sie begrenzen.

Aber:
Das erklärt es.
Es entschuldigt es nicht.

Und es bedeutet nicht,
dass du bleiben musst.
Du darfst loslassen,
auch wenn ihr gemeinsam erwachsen geworden seid.
Denn Loyalität darf nie bedeuten,
dich selbst zu verlieren.

Wenn du das erkennst,
hörst du auf, dich zu fragen, was du falsch gemacht hast.
Und beginnst zu sehen,
wie richtig es war,
dich zu befreien.

Goldseele-Essenz:
Wahre Freundschaft lässt dich wachsen.
Toxische Freundschaft braucht dich klein.
Und manchmal ist der mutigste Akt der Liebe,
nicht zu bleiben – sondern zu gehen.

Für ein Leben im Goldseele-Flow, deine Ina

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